Mitbestimmungsinitiative: Graubünden soll mehr Demokratie wagen

10.01.2017

An der Generalversammlung im März letzten Jahres beschloss die JUSO Graubünden, ein eigenes kantonales Projekt zu lancieren. Es entbrannte eine produktive und konstruktive Diskussion um mögliche Themen, Initiativ- und Kampagnenideen. Sechs unterschiedliche Vorlagen zu den verschiedensten Themen (drei Initiativ- und drei Kampagnenvorschläge) gelangten am Ende in die engere Auswahl. Von diesen sechs unterschiedlichen Vorschlägen wurde schlussendlich das Initiativprojekt «kantonales Stimm- und Wahlrecht für Ausländer_innen» ausgewählt. Der Startschuss unserer Initiative war gefallen. Im Anschluss machte sich eine interne Arbeitsgruppe daran, die Initiative zu entwerfen, zu planen und umzusetzen. In vielen Stunden der Diskussion, Planungsarbeit und in langen Sitzungen gewann unsere Initiative immer mehr an Gestalt und nahm Form an. Schliesslich lancierten wir an der Vollversammlung vom 02. September unser Projekt: Die Mitbestimmungsinitiative ist das Resultat. Sie verlangt, allen niedergelassenen Ausländer_innen, welche seit insgesamt fünf Jahren im Kanton Graubünden leben, das Stimm- und Wahlrecht zu erteilen.
Demokratiedefizit überwinden
In Graubünden leben knapp 17’000 niedergelassene Ausländer_innen, deren Lebensumstände sich nicht von denen der Schweizer_innen unterscheiden. Auch sie arbeiten im Kanton, planen ihre Zukunft hier, haben Bedürfnisse und fühlen sich verwurzelt. Ihre politische Situation ist jedoch demokratisch nicht zu rechtfertigen. Die Verpflichtung zur Einhaltung der Gesetze und der Akzeptanz politischer Herrschaft beruht auf der Möglichkeit zur gleichberechtigten Mitbestimmung im Gemeinwesen. Ihr Leben wird auf die gleiche Weise wie unseres von der kantonalen Politik tangiert. Sie müssen jeglichen Leistungsabbau ebenso erdulden wie wir. Partizipieren dürfen sie dennoch nicht. Aber auch Ausländer_innen sollten als Teil unserer Gesellschaft, als in unserer Mitte lebende Mitmenschen darüber entscheiden dürfen, was in dieser geschieht. Menschen, die hier wohnen, arbeiten, Steuern zahlen, ihren Beitrag leisten und schliesslich hier mit uns leben, sollten mitbestimmen können, mit ihnen geschieht.
Mit den Pflichten auch die Rechte
Niedergelassene Ausländer_innen müssen jährlich dieselbe Steuererklärung ausfüllen wie Schweizer_innen. Sie dürfen aber nicht entscheiden, was schliesslich mit diesen Steuern geschieht. Sie bezahlen im selben Masse, also sollten sie auch dementsprechend davon profitieren dürfen. Zudem ist es auch eine gewisse Pflicht der Bürger_innen das Mitspracherecht zu nutzen und dadurch dieses der Zeit anzupassen. Die Situation ist horrend: Menschen, die seit Jahrzehnten hier leben, arbeiten, Steuern zahlen, ihre Pflichten erfüllen, zum Gemeinwohl beitragen und verwurzelt sind, haben keinerlei politischen Rechte, weil ihr Pass – also ein blosses Stück Papier – eine andere Farbe hat, als der Schweizer Pass. Diese Ungerechtigkeit müssen wir endlich beenden! Mit der Inklusion von Ausländer_innen ermöglichen wir eine nachhaltige Entwicklung der Demokratie.
Integration fördern
Das Stimm- und Wahlrecht sollte nicht erst am Ende der Integration, nach der Einbürgerung, stehen, sondern als Katalysator dieser gesehen werden. Erstens ist die Beantragung des Schweizer Bürger_innenrechts an eine Gebühr gebunden, die für viele nicht erschwinglich ist. Zweitens würde das Recht auf Mitbestimmung als Zeichen der Einbindung und Wertschätzung den Willen zur Integration stärken. Nur mit einer inklusiven und offenen Politik, welche bereits verwurzelte Mitmenschen willkommen heisst, anstatt sie zu stigmatisieren und zu Feindbildern zu erheben kann echte Integration geschehen. Den Weg in unsere Mitte und in unsere Gesellschaft können Menschen nur finden, wenn wir es zulassen – Integration ist keine Einbahnstrasse, der Effort muss von beiden Seiten kommen und hier ist ganz klar auch die Schweizer Bevölkerung in der Pflicht.
Würdigung der Migrant_innen
Für Innovation sowie Entwicklung war und ist die Bündner Wirtschaft auf Migrant_innen jeglicher beruflicher Qualifikation angewiesen. Sie tragen mit ihrer Arbeit zur Stärkung des Kantons bei und somit auch zur Situation der Einheimischen. Es ist an der Zeit diesen Personen nicht nur Bedingungen für ihre Aufenthaltsbewilligungen zu stellen, sondern mit dem Recht auf Mitbestimmung auch entgegenzukommen. Unsere Gesellschaft soll von der Vielfalt und der Buntheit leben – davon profitiert der gesamte Kanton.
Gemeinsam wollen wir jetzt also mehr Demokratie wagen. Bitte hilf auch du uns dabei, denn du kannst uns ganz leicht unterstützen: hier kann mensch den Intiativbogen runterladen, fülle den aus und sende ihn uns per Post zurück! Die Adresse findest du nach Ende dieses Textes. Das Stimm- und Wahlrecht für Niedergelassene ist, wie einst das Frauenstimmrecht, längst überfällig. Setzen wir deshalb ein visionäres Exempel für die gesamte Schweiz und ermöglichen niedergelassenen Ausländer_innen das Recht auf Abstimmung und Wahl!
Ausgefüllte (auch teilweise) Initiativbogen bitte zurücksenden an:
JUSO Kanton Graubünden
Postfach 333
7000 Chur
Für weitere Informationen: www.mitbestimmungsinitiative.ch