Von Reform, Revolution und Roten Linien
In der Theorie noch nicht lange her, war es doch vor noch nicht einmal vier Jahren, als Parteipräsident Christian Levrat, nach dem massiven Rechtsrutsch im Nationalrat, vom Aufbau einer aktiven Oppositionspolitik sprach.
Starke Worte, jedoch scheinen sie längst vergessen, denn die «Steuerreform und AHV-Finanzierung» (STAF) zu unterstützen, ist keine Oppositionspolitik, keine Realpolitik und schon gar keine linke Politik.
Die STAF ist nicht nur eine bürgerliche Konterreform wie wir sie uns gewohnt sind, sie ist eine kombinierte Konterreform, und genau dies macht sie so gefährlich. Die Strategie der Bürgerlichen scheint aufzugehen: Uns Linken wird der Steuerreform-Teil der Vorlage mit dem AHV-Teil schmackhaft gemacht – mit Punkten wie dem Solidarprinzip, welches zur Folge hat, dass Menschen mit riesigen Gehältern mehr in die AHV einzahlen, als sie ausgezahlt bekommen werden – doch laut Hochrechnungen machen die Solidarbeiträge nicht einmal 5% der kompensierten Renten aus.[1] Hier kann von einer «Reichensteuer» definitiv keine Rede sein.
Weiter sieht der AHV-Teil der Vorlage vor, die Lohnprozente, die Arbeiter_innen einzahlen müssen, zu erhöhen – Arbeiter_innen müssten also mehr einzahlen, ohne dafür in Genuss einer Rentenerhöhung kommen. Hierfür wird oft mit der Überalterung, bzw. der steigenden Anzahl Rentner_innen argumentiert. In Tat und Wahrheit könnte dies mit der Produktivitätssteigerung der letzten 25 Jahre, die über 30% beträgt[2], locker kompensiert werden. Diese 30% kommen aber nicht der Arbeiter_innenklasse zugute, sondern einzig dem Grosskapital.
Folglich ist auch die AHV-Reform ein Angriff auf unseren Lebensstandard. Dass die Steuerreform ebenfalls nicht in unserem Sinne ist, ist weniger umstritten, schliesslich beinhält sie eine Senkung der Unternehmenssteuern, lückenhafte Dividendenbesteuerung, neue Schlupflöcher für Kapitalist_innen und alles in allem Steuerausfälle von mindestens zwei Milliarden.
Doch das Wichtigste, das es zu erkennen gilt, ist dass wir uns als Linke nicht länger mit schlechten Kompromissen zufriedengeben dürfen. Reformen, die die jetzige Situation der Lohnabhängigen verschlechtern, egal in welchem Bereich, gilt es, aktiv zu bekämpfen! Die jetzige Situation soll eine Rote Linie sein, die nicht unterschritten werden darf. Nur durch eine komplett progressive Politik können wir das Vertrauen der arbeitenden Klasse zurückgewinnen - lassen wir uns auf Deals wie die STAF ein, verraten wir jene, die wir eigentlich vertreten sollten.
Deshalb gilt es – nach einem entschlossenen NEIN zur STAF – von der Defensive in die Offensive überzugehen und für eine gerechtere Welt zu kämpfen!
[1] CHSS Nr. 2/2016
[2] https://www.bfs.admin.ch/bfsstatic/dam/assets/350184/master; 7.10.18.
10.11.2018